Das Namensspiel

Ich habe schon länger kein Spiel vorgestellt. Kennst Du das Namensspiel? Soweit ich weiß, stammt es von Henrik Kniberg. Es geht darum, zu erkennen, dass es verdammt lange dauern kann einen Namen zu schreiben, wenn man es so anfängt, wie wir häufig unseren Büroalltag gestalten!

 

In diesem Artikel werde ich Dir das Spiel vorstellen und auch alle benötigten Vorlagen zum Download anbieten. Du kannst also direkt loslegen und es mit Deinem Team selbst ausprobieren!

Wie lange dauert es, einen Namen zu schreiben?

Mit dieser Frage leite ich das Spiel ein. Meistens ruft irgendwer direkt eine Zahl in den Raum: „4 Sekunden!“ Aber wenn ich dann nach weiteren Meinungen frage, bekomme ich in der Regel ein paar Fragen gestellt: Was denn für einen Namen? Nur der Vorname? Mein Name? Irgendeiner? … und so weiter.

Das nehme ich zum Anlass, mir Einflussfaktoren für die Dauer nennen zu lassen. Da kommen dann Antworten wie:

  • Die Länge des Namens
  • Ist der Name bekannt oder eher exotisch?
  • Womit soll ich schreiben?
  • Worauf soll ich schreiben?
  • Soll schön geschrieben werden?
  • Welche Schrift ist gefordert?

Die Liste kann ganz schön lang werden. Ich notiere fleißig an der Tafel und erkläre dann, dass es um ganz gewöhnliche Vornamen geht, bunt gemischt in der Länge und alle eher geläufig. Wir schreiben mit Filzstift oder Kugelschreiber auf Papier und es muss leserlich, aber nicht wunderschön geschrieben werden.

Mit diesen Infos kann ich eine Schätzung entgegennehmen: Einen Wert für einen Namen und einen Wert für so viele Namen, wie Mitspieler in einer Mannschaft sind (bzw. genau einer weniger). Manche Gruppen denken sogar daran, dass man das nicht einfach ausmultiplizieren sollte, weil ja zwischen dem Wechsel der Namen ein bisschen Rüstzeit einkalkuliert werden sollte. Die Schätzungen werden ebenfalls notiert.

Die Rollenverteilung

Je nach Anzahl der Teilnehmer spielen wir das Spiel in einer oder mehreren Gruppen. Die genaue Gruppengröße ist nicht wichtig. Du wirst anhand des Spielablaufs entscheiden können, was für Dich die richtige Anzahl Personen je Gruppe sein soll. Ich denke in der Regel bei mehr als 10 Teilnehmern darüber nach, mehr als eine Gruppe zu bilden.

Jede Gruppe benötigt einen Mitspieler, der als „Schreiber“ fungiert. Die anderen sind die „Kunden“ des Schreibers. Die Kunden haben alle ein großes Problem: Sie können partout keine Buchstaben schreiben. Sie können zwar lesen, wissen auch, wie der Name, den sie geschrieben haben möchten geschrieben wird. Nur Buchstaben können sie leider nicht notieren. Zahlen allerdings schon. Das ist wichtig.

Nun denkt sich jeder Kunde einen Namen aus. Insbesondere, wenn sich die Gruppe schon kennt, sollte das nicht der eigene Name sein. Falls die Teilnehmer sich noch nicht kennen, dürfen sie auch gerne jeder ihren eigenen Namen nehmen.

Der Service-Gedanke in Runde 1

Der oder die Schreiber sind bei einem Unternehmen angestellt, dessen Service Anspruch ich zu Anfang kurz erkläre.

Wir nehmen unsere Kunden sehr wichtig. Deshalb wollen wir ihnen immer den bestmöglichen Service bieten! Kein Kunde soll unnötig lange warten. Jeder kommt immer sofort dran. Und damit jeder Auftrag schnell fertig wird, fangen wir auch immer sofort damit an, den jeweiligen Auftrag zu bearbeiten. Frei nach dem Motto: „Je eher daran, desto eher davon!“

Klingt erst einmal logisch, oder? 

In der Regel ernte ich dafür Zustimmung.

Das Kleingedruckte in den Spielregeln

Jetzt erkläre ich, was dieser Service-Gedanke für unser Spiel bedeutet:

Jeder Kunde hat einen Zettel, auf dem der Wunschname notiert werden soll. Sobald das Spiel losgeht, versucht jeder Kunde seinen Zettel schnellstmöglich beim Schreiber abzugeben und sagt dazu, welcher Name geschrieben werden soll. Damit alle Kunden zu ihrem Recht auf prompten Service kommen, schreibt der Schreiber aber immer nur genau einen Buchstaben des Namens auf den Zettel und kümmert sich dann reihum um die nächsten Kunden. Wenn alle durch sind, beginnt es wieder mit dem ersten Kunden, der noch einmal wiederholt, welchen Namen er geschrieben haben möchte (dabei darf er nicht buchstabieren, sondern nennt immer den kompletten Namen) und prompt den nächsten Buchstaben geliefert bekommt. Wenn der Kunde einen Rechtschreibfehler entdeckt, darf er natürlich reklamieren. Bei exotischen Namen darf auch mal souffliert werden.

Der Ablauf in Runde 1

Wenn das Spiel startet, starte ich als Spielleiter eine Stoppuhr. Am besten eine, die für alle gut sichtbar die Zeit anzeigt. Also zum Beispiel eine digitale Uhr auf einem Beamer oder großen TV. Die Kunden stürmen dann auf den Schreiber ein und immer wenn ein Name fertig gestellt wurde, notiert der Kunde die abgelaufene Zeit auf seinem Zettel.

Das dauert erfahrungsgemäß recht lang. Als Spielleiter schimpfe ich ziemlich über die Unfähigkeit des Schreibers! Immerhin hatte er versprochen einen Namen innerhalb von 4 Sekunden zu liefern (oder was auch immer geschätzt wurde). Nun sind schon 30 Sekunden um und noch immer ist kein Name fertig! Wie kann denn das angehen? Wenn das so weiter geht, werden die Schreiber gefeuert! SCHNELLER! LOS!

Auswertung der Runde 1

Am Ende der ersten Runde bitte ich alle Kunden sich in der Reihenfolge der Fertigstellungsdauer ihres Namens aufzustellen. Dann lasse ich mir die Zeit für die Fertigstellung des Namens der Person nennen, die in dieser Reihe in der Mitte steht. Das ist die mittlere Fertigstellungszeit (Median). Bei einer geraden Anzahl von Spielern bilde ich den Mittelwert der beiden mittleren Zeiten.

Diese Zeit notiere ich als IST neben die Schätzung für die erwartete Dauer für EINEN Namen. Dann lasse ich mir die Zeit für den letzten fertiggestellten Namen nennen und notiere den als IST neben der Schätzung für ALLE Namen.

Spielregeln für Runde 2

Nachdem wir in Runde 1 erleben mussten, dass die Schreiber nicht ansatzweise in die Nähe der zuvor geschätzten Zeiten kamen, werden sie gefeuert und direkt durch neue Schreiber ersetzt. Wenn ich mehr als eine Gruppe habe, lasse ich die Schreiber einfach nur die Gruppe tauschen. Ich erkläre, dass der Arbeitsmarkt für Schreiber gerade sehr günstig sei, sie deshalb sofort wieder einen neuen Job bei einem anderen Unternehmen fänden und dort ganz andere Arbeitsbedingungen vorfänden:

Hier sollen die Kunden natürlich auch im Mittelpunkt stehen. Allerdings ist es im neuen Unternehmen nicht wichtig, dass jeder Kunde sofort dran kommt. Wichtiger ist, dass die Kunden schnellstmöglich ein fertiges Produkt – den geschriebenen Namen – ausgeliefert bekommen. Deshalb sollen sich hier die Kunden in einer Reihe aufstellen. Wenn der Schreiber soweit ist, bittet er um den ersten Zettel, lässt sich den Namen sagen und schreibt ihn auf. Dann bittet er den nächsten Kunden zu sich.

Damit der Vergleich der beiden Runden fair ist, haben die Schreiber die Gruppen getauscht (sie kennen also die Namen noch nicht) und die Namen bleiben natürlich auch die selben, wie in der ersten Runde. Wenn es nur eine Gruppe gibt, dann bleibt der Schreiber der gleiche, wie in Runde eins. Die Übung ist nicht so entscheidend…

Ablauf der Runde 2

Auch hier starte ich wieder die große, für alle gut sichtbare Stoppuhr. Die Kunden haben nun die Aufgabe, zwei Zeiten zu notieren: Sobald der Schreiber mit ihrem Namen beginnt, notieren sie die Startzeit. Sobald der Schreiber fertig ist, die Endezeit. Später errechnen sie aus der Differenz dann noch die Dauer für das Schreiben des Namens.

Als Spielleiter bleibe ich diesmal ganz ruhig und achte lieber darauf, dass auch wirklich alle Kunden alle Zeiten notieren. Das funktioniert erfahrungsgemäß nicht immer perfekt.

Auswertung der Runde 2

Diesmal lasse ich die Kunden sich in der Reihenfolge der Dauer für das Schreiben des Namens aufstellen und suche mir wieder den Median. Erfahrungsgemäß liegt der sehr nah an der Schätzung. Zusätzlich lasse ich mir von dem letzten Kunden den Fertigstellungszeitpunkt nennen. Beides wird als IST für Runde 2 an der Tafel notiert.

Debriefing

Ich frage, wie die Teilnehmer die Runden empfunden haben. Welche war stressiger? Was war der Grund für die „schlechte Performance“ der Schreiber in Runde 1? Da erwähne ich gerne ein paar der am Anfang genannten Kriterien und frage danach, welches es denn nun war? Es ein Grund, der bisher in keiner meiner Spielrunden vor dem Start der erste Runde genannt wurde: Multitasking.

Wir vergleichen dann auch gerne noch die Schätzungen mit den IST-Werten und stellen in der Regel fest, dass die Schätzung und das IST der zweiten Runde dicht beieinander liegen. Was die Teilnehmer häufig verblüfft, in jedem Fall aber die Augen öffnet ist die Feststellung, dass in Runde zwei der letzte Name früher fertig war, als in der ersten Runde der erste Name!

Gerne frage ich auch, wie sich für die Kunden die Wartezeit angefühlt hat. Konnten sie in der ersten Runde nach 10 Sekunden abschätzen, wann ihr Name fertig werden würde? (nein) Wie wäre das in der zweiten Runde? (ja, denn es sind dann meist schon zwei oder drei Namen fertig geschrieben). War es in der zweiten Runde schlimm, nicht sofort dran zu kommen?

Zum Schluss schlage ich vor, sich vorzustellen, dass es sich im richtigen Leben nicht um zu schreibende Namen, sondern um Projekte handelt, die erledigt werden sollen. Und dass diese Projekte in Runde zwei nicht im Schnitt vier Sekunden, sondern vier Wochen dauern. Warum nur fangen wir im Unternehmen häufig so viele Projekte wie in Runde 1 zeitgleich an – in der Erwartung sie dann früher geliefert zu bekommen?


Tipp

Lade Dir hier Vorlagen für das Spiel herunter und drucke sie Dir aus. Dann kannst Du direkt starten!

Erzähle in den Kommentaren doch gerne mal von Deinen Erfahrungen mit dem Spiel!


Im nächsten Beitrag zeige ich Dir ein einfaches Tool, mit dem Du zum Beispiel Themen für eine Retrospektive sammeln kannst.

 

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