Neulich bin ich über einen Artikel* gestolpert in dem behauptet wird, dass Kanban Boards aufgrund eines „Übersetzungsfehlers“ so aussehen, wie wir sie kennen. Daran glaube ich zwar nicht, aber die Idee hinter dem Artikel gefällt mir richtig gut!

Ein Kanban Board sollte so gebaut sein und so genutzt werden, dass die Teammitglieder Aufgaben, die sie übernehmen möchten, in die jeweils nächste Spalte ziehen.

Tatsächlich schieben wir die Tickets aber von links nach rechts über unsere Boards!

Kanban – ein Übersetzungsfehler?

In dem Artikel der Scrumschau weist der Autor darauf hin, dass in Japan von oben nach unten und von rechts nach links gelesen wird und dass japanische Kanban Teams daher die Boards andersherum lesen würden, als wir. Das sei ein Übersetzungsfehler, der bei der Übertragung der Kanban Methode in die westliche Welt gemacht worden sei.

Die Vermutung teile ich nicht: Kanban in der Logistik wurde zwar in Japan bei Toyota erfunden, funktioniert aber ganz anders, als das Kanban, das wir mit unseren Boards verbinden. Kanban in der IT ist zwar von der Logisik inspiriert, entstand aber 2006 in den USA, wo genau wie bei uns von links nach rechts und von oben nach unten gelesen wird.

Kanban und unsere Leserichtung

Gewohnt eine Tafel von links oben nach rechts unten zu lesen, passiert an einem Kanban Board folgendes:

Du siehst als erstes einen Haufen unerledigter Aufgaben, die alle dringend bearbeitet werden wollen. Ziemlich frustrierend! Dann wandert Dein Blick nach rechts auf angefangene Aufgaben in verschiedenen Stadien der Fertigstellung und erst ganz zum Schluss entdeckst Du schon fast fertige und dann schließlich komplett erledigte Aufgaben.

Wenn Du überhaupt soweit kommst! Denn eigentlich triggert Dich dieser Aufbau doch möglichst direkt die nächste fällige Aufgabe in Arbeit zu nehmen! Und wenn Du Dich an die Spielregeln hältst und eine Aufgabe bearbeiten möchtest, dann nimmst Du sie Dir zwar freiwillig, schiebst sie aber in die nächste Spalte, um den Statuswechsel am Board zu dokumentieren. Dabei sprechen wir doch immer davon, Aufgaben in die nächste Spalte zu ziehen.

Kanban rückwärts

Schon 2015 hatte Tomas Rybing** die Idee ein Kanban Board spiegelverkehrt zum üblichen Aufbau zu gestalten. Die Done-Spalte steht dann ganz links, die Prozessschritte schließen sich in der Reihenfolge letzter Schritt bis erster Schritt an. Den Abschluss bildet das Backlog mit den noch nicht in Arbeit befindlichen Aufgaben.

Und was macht der neue Aufbau mit Dir?

Du guckst auf das Board und siehst als erstes Deine Erfolge. Ein Grund zur Freude! Danach fallen Dir ein paar Aufgaben ins Auge, die schon fast fertiggestellt sind. Du denkst Dir: „Ach komm – die mache ich auch noch schnell fertig!“ Erst dann siehst Du die noch mitten im Prozess befindlichen Themen und schließlich ganz am Ende den Vorrat an Aufgaben, die noch nicht begonnen sind. Wenn Du an diesem Board den Status einer Aufgabe veränderst, dann ziehst Du sie tatsächlich in die nächste Spalte. Genau, wie wir es immer schon wollten: Vom Push zum Pull!

Die Auswirkungen

Mit dem veränderten Aufbau passiert gleich eine ganze Menge:

Die Spaltenreihenfolge passt zu der bei uns meist üblichen Darstellung von Zeitverläufen in Diagrammen. Dort steht in der Regel links die Vergangenheit und rechts die Zukunft. Die fertiggestellten Aufgaben in der Done Spalte sind die Vergangenheit. Die noch nicht begonnenen Aufgaben im Backlog die Zukunft. Das erscheint logisch und richtig.

Während wir mit einem klassischen Board ständig in Versuchung kommen, mehr und mehr Themen in Arbeit zu nehmen, regt uns das veränderte Board dazu an, fast fertige Dinge fertigzustellen, also zu liefern! Und das ist auch gut so, denn so schön es auch ist an den richtigen Themen zu arbeiten. Die Arbeit an den Themen kostet viel Geld. Wir verdienen dadurch absolut nichts. Die richtigen Themen zu liefern bringt einen Mehrwert für die Kunden und damit dann auch Erträge für uns. Mit der veränderten Spaltenreihenfolge schaffen wir genau das: Wir liefern, machen unsere Kunden glücklich und verdienen Geld!


Tipp

Die Idee ist auch für mich noch ziemlich neu. Ich habe sie aber direkt in meiner letzten Kanban Schulung erklärt und konnte ein Team davon so begeistern, dass es sein neues Board jetzt „rückwärts“ aufbauen möchte. Ich bin sehr gespannt, wie gut das in der Praxis funktioniert! 

Teste Du doch auch einmal, die Auswirkungen wenn die Spalten in umgekehrter Reihenfolge angeordnet werden und berichte hier in den Kommentaren von Deinen Erfahrungen.


Ich finde, es ist mal wieder an der Zeit ein Spiel kennenzulernen. Im nächsten Beitrag wird es darum gehen, wie unterschiedlich lange es dauern kann einen Namen zu schreiben.

 

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