Design Thinking

In den letzten Wochen habe ich mit Scrum und Kanban  Frameworks vorgestellt, mit denen Du Deine Arbeit bzw. Deine Projekte organisieren kannst.

Heute geht es eher darum, Ideen für neue Projekte zu konkretisieren und dabei die Perspektive des Kunden möglichst aus erster Hand mit einzubeziehen.

In den 1990er Jahren hat sich dazu die Design Agentur IDEO dazu das Design Thinking Framework erdacht.

Design Thinking – was ist das?

Design Thinking nutzt die Kreativität, die entsteht, wenn eine möglichst divers zusammengesetzte Gruppe von Menschen gemeinsam zusammenarbeitet, um ein Problem erst zu verstehen und dann Lösungsansätze zu entwickeln und prototypisch umzusetzen. In diesen Prozess werden echte Kunden einbezogen, um sicher zu gehen, dass das zu lösende Problem auch wirklich ein Problem der Kunden ist und die Lösung auch wirklich von den Kunden akzeptiert wird.

Wer jetzt glaubt, das „Design“ in Design Thinking stünde für gestalterische Kreativität, der irrt sich gewaltig. Hier geht es mehr um funktionales Design. Das Ziel des Prozesses ist es also nicht etwas besonders ästhetisches oder schönes zu entwickeln, sondern etwas, das gut funktioniert und ein echtes Problem löst.

Design Thinking – wann ist es nützlich?

Das Framework ist insbesondere dann sehr hilfreich, wenn Du zwar ein Problem erkannt zu haben glaubst, aber die passende Lösung dazu noch sehr im Nebel liegt oder anders ausgedrückt: Der Lösungsraum ist noch sehr weit!

Du formulierst also eine Herausforderung, die es zu lösen gilt. Die Design Thinking Challenge.

Ich formuliere mal ein Beispiel:

Entwirf das Einkaufs-Erlebnis für unsere 20 bis 30 jährigen Kundinnen in einer immer digitaler werdenden Welt.

Das sieht erst einmal sehr einfach aus. Aber unterschätze die Formulierung der Challenge nicht. Falsch formuliert engt sie den Lösungsraum zu sehr ein oder ist zu wenig kundenorientiert. Eventuell macht sie den Raum auch zu weit…

Design Thinking – der Prozess

Am Anfang des Design Thinking Prozesses steht die Challenge. Also das, von dem Du glaubst, dass es das Problem Deiner Kunden beschreibt. Mit dieser Herausforderung startest Du in den Problemraum.

Der doppelte Diamant

Spricht man vom Design Thinking Prozess wird er oft als Double Diamond – doppelter Diamant – bezeichnet. Denn er besteht aus zwei Räumen, die nacheinander durchschritten werden und die häufig als zwei verbundene Rauten dargestellt werden. Die zwei Diamanten.

Der Problemraum

Die Challenge mit der Dein Team in den Prozess startet ist das, wovon der Auftraggeber glaubt, dass es das Problem beschreibt, das es zu lösen gilt. Der Problemraum ist noch ganz klein. Aber häufig beschreibt die Challenge nur ein Symptom. Das, was die Kunden wirklich möchten, gilt es erst noch herauszufinden.

Dein Team betritt den Problemraum und macht ihn zunächst ganz weit! Das bedeutet: Es nutzt alle Sinne, mit denen es mehr über das Problem herausfinden kann, das hinter der Challenge steckt. Es schmeckt, riecht, fühlt, beobachtet, hört – alles was sinnvoll erscheint ist erlaubt. Geht zu den Kunden! Beobachtet ihr Verhalten. Interviewt sie. Versucht selbst zu erleben, was die Kunden erleben.

Nachdem ihr ausreichend viel Feldforschung betrieben habt, macht ihr den Problemraum wieder eng. Ihr fokussiert auf das, was hinter der Challenge steht. Das eigentliche Problem des Kunden. Möglicherweise ist das nicht eindeutig. Dann solltet ihr priorisieren und das wichtigste Kernproblem zu eurem Thema wählen.

Der Lösungsraum

Ihr steht gerade genau an der Engstelle zwischen Problemraum und Lösungsraum und habt das Kernproblem der Kunden identifiziert. Jetzt braucht ihr wieder Platz. Macht den Lösungsraum weit! Seid kreativ und entwickelt viele tolle Ideen, um das Problem zu lösen! Ihr müsst euch dabei nicht unnötig beschränken und dürft wirklich viele, gerne auch schräge Ideen entwickeln. Aber wenn die Zeit reif ist, macht ihr den Raum wieder eng. Ihr wählt eine Idee aus und baut einen Prototypen der Idee. Je nachdem, wie viel Zeit ihr habt und welche Art von Ideen ihr entwickelt habt, dürfen es natürlich auch mehrere Prototypen sein. Aber denkt daran: Ihr sollt euch fokussieren. Also übertreibt es nicht.

Prototypen

Vielleicht denkst Du bei Prototypen an ein fahrtüchtiges Auto oder eine funktionsfähige, aber noch klobige Virtual Reality Brille. So etwas ist hier nicht gemeint. So ein Prototyp muss nichts kompliziertes sein. Das Auto könntet ihr auch mit Lego gebaut haben oder in einem Cartoon zeichnen, wie es aussieht und im Alltag funktioniert. Ihr könnt den Prototypen auch in einem Rollenspiel darstellen – das nennt man Protoacting. Eine App fürs Smartphone kann man prima mit Papier nachbauen.

Test

Die Prototypen sind kein Selbstzweck. Sie sind dazu da, um mit echten Kunden verprobt zu werden! Beobachten ist wieder gefragt. Überlegt euch vorher, was ihr im Test herausfinden möchtet und beobachtet die Reaktion eurer Kunden auf den oder die Prototypen. Je nach Ergebnis des Tests, könnt ihr entscheiden aus dem Prototypen ein echtes Produkt zu entwickeln oder aber ihr iteriert und geht ein paar Schritte zurück. Vielleicht bis in den Problemraum, vielleicht auch nur in den Lösungsraum.

Design Thinking – was brauchst Du dafür?

Auf jeden Fall brauchst Du jemanden, der sich damit auskennt. Am besten einen Design Thinking Coach. Denn die Prozessbeschreibung oben ist sehr reduziert und alles andere als geeignet, um als Anleitung verstanden zu werden.

Du solltest außerdem ausreichend Zeit einplanen. Das eigentliche Bearbeiten der Challenge funktioniert recht gut in zwei Tagen. Mehr Zeit schadet natürlich nicht und bietet einige Chancen für mehr Recherche und Beobachtung und mehr Iterationen. Vorher brauchst Du aber auch einige Zeit, um zum Beispiel Kunden zu Interviews einzuladen oder Besuche des Design Thinking Teams vor Ort zu organisieren, dafür zu sorgen, dass die fertigen Prototypen nicht nur Kunden, sondern auch Stakeholdern präsentiert werden können. 

Du musst ein Team zusammenstellen, dass möglichst nicht nur aus Fachexperten für das Thema der Challenge besetzt ist, sondern vielmehr so divers wie möglich zusammengesetzt ist. Mit Kollegen aus ganz unterschiedlichen und gerne auch fachfremden Bereichen des Unternehmens. Mit älteren und jungen Mitarbeitern, mit erfahrenen und unerfahrenen, Männern und Frauen, was auch immer euch zum Thema Diversität einfällt – mischt alles bunt durch. Das hilft kreative Lösungen zu finden.

Außerdem brauchst Du einen großen Raum mit viel Platz für Haftnotizen an Wänden, Fenstern und Stellwänden.

Für die Prototypen ist ein Fundus an Requisiten und Bastelmaterial hilfreich.

Design Thinking – was hast Du noch davon?

Die Teilnehmer an der Challenge werden den Nutzen von direktem Kundenfeedback und Denken aus der Kundenperspektive verstehen und im Rahmen der Bearbeitung der Challenge eine Vielzahl von Methoden für unterschiedlichste Situationen kennenlernen, die auch im Alltag außerhalb des Design Thinking Kontextes sehr hilfreich sein können.


Tipp

Um den Prozess kennenzulernen und dabei eher wenig Zeit zu investieren, kannst Du mit Hilfe einer sogenannten Wallet Experience oder eines Design Dash den gesamten Prozess in rund einer Stunde durchlaufen. Wenn Du magst, lade mich gerne dazu ein.


In den letzten Wochen habe ich einige Methoden oder Frameworks vorgestellt – bietet “Agil” also eine Lösung für jede Situation? Das beantworte ich im nächsten Beitrag. Ich zeige dir dafür ein sehr hilfreiches Modell.

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